Eine Frau
hatte einen Sohn, und als der Sohn erwachsen war, wollte er heiraten. Also
kaufte er sich eine Braut und brachte sie heim. Drei Tage nach der Hochzeit
rief die Mutter des jungen Mannes die Frau und teilte ihr mit: »Wir gehen aufs
Feld, damit ich dir die Pflanzungen zeigen kann.« Und so machten sie sich auf
den Weg. Auf dem Feld angekommen sagte die Schwiegermutter zu der jungen Frau:
»Setz dich auf den großen Stein hier und deck dich mit dem Korb zu,
die Sonne
brennt so heiß. Ich gehe ans andere Ende des Feldes und hole Gemüse. Hörst du
mich kommen und dabei singen, bleib ganz ruhig.« Nach einer Weile hörte die
junge Frau ihre Schwiegermutter zurückkommen und singen: »Vortänzerin, du
Vorbotin einer zweiten Frau, wer tötet dich. Vortänzerin, wer tötet dich?« Die
junge Frau blieb ganz ruhig, aber als die Schwiegermutter heran war, zerhieb
sie den Korb, und die junge Frau starb. Dann zerhackte sie die Tote in Stücke
und aß sie auf. Ihrem Sohn erzählte sie zu Hause: »Als wir auf dem Feld
angelangt waren, wollte deine Frau austreten gehen. Ich habe auf sie gewartet,
bis ich alles Gemüse zusammengeholt hatte, aber sie kam nicht. Ich rief, aber
sie antwortete nicht.« Fünf Tage wartete der junge Mann vergeblich auf seine
Frau, dann kaufte er sich eine andere. Der zweiten Frau erging es aber nicht
anders, auch sie wurde von ihrer Schwiegermutter umgebracht. Nach und nach
hatte der junge Mann sechs Frauen gekauft, die alle ein Opfer seiner Mutter
wurden, alle starben auf die gleiche Weise wie die erste.
Nun machte
sich der junge Mann auf und kaufte die siebente Frau. Am Tag der Hochzeit
erzählten die Leute der Braut: »Dein Mann hat schon viele Frauen gehabt, aber
jedes Mal hat seine Mutter sie mit aufs Feld genommen, und sie sind nicht mehr
zurückgekehrt. Darum nimm dich in Acht! Geh bloß nicht mit ihr, falls sie dich
irgendwann auffordert, sie aufs Feld zu begleiten!«
Nach drei
Tagen war es soweit, die Schwiegermutter sprach zu der jungen Frau: »Komm, Lass
uns aufs Feld gehen, damit ich dir die Pflanzungen zeigen kann.« Die
Schwiegertochter willigte ein; ihr Mann war nicht zu Hause, er befand sich auf
einer Reise. Als sie das Feld erreicht hatten, schlug die Schwiegermutter auch
ihr vor: »Die Sonne brennt heute sehr heiß, setz dich lieber auf den Stein
hier, ich decke dich mit dem Korb zu.« Die junge Frau setzte sich, die Alte
stülpte ihr den Korb über und sagte: »Wenn du mich kommen hörst, und ich singe
ein Lied, dann rühr dich nicht.« Als die junge Frau nun saß und wartete,
überlegte sie sich: »Vielleicht hat sie es mit den anderen Frauen, von denen
mir erzählt wurde, auch so gemacht.« Als die Schwiegermutter außer Sicht war,
warf sie den Korb ab, stülpte ihn über den Stein und versteckte sich auf einem
Baum.
Nach einer
Weile sah sie die Schwiegermutter vom anderen Ende des Feldes auf den Stein
zukommen. Sie war mit Farnkrautstengeln bedeckt und trug ein Buschmesser in der
Hand. Dazu sang sie: »Vortänzerin, du Vorbotin einer zweiten Frau, wer tötet
dich, Vortänzerin, wer tötet dich?« Die Frau auf dem Baum fürchtete sich
gewaltig. Von ihrem Versteck aus beobachtete sie, wie die Schwiegermutter mit
dem Messer auf den Korb einhieb, so dass er in zwei Hälften gespalten vom Stein
fiel. Dann hörte sie ihr Rufen: »Oh! Oh! Sie ist entkommen!«
Nachdem es
der Alten diesmal nicht geglückt war, ihre Schwiegertochter zu töten, kehrte
sie nach Hause zurück. Ihrem Sohn gegenüber klagte sie, dass sie schreckliche
Leibschmerzen hätte. Die junge Frau aber lief ebenfalls nach Hause, als sie
sicher sein konnte, dass ihr von der Schwiegermutter keine Gefahr mehr drohte.
Und als sie die Alte zu Hause liegen sah, meinte sie ganz nebenher: »Sie hat
wohl Leibschmerzen!«
Am Abend
berichtete sie ihrem Mann, was sich auf dem Feld zugetragen hatte. Der junge
Mann brachte am nächsten Morgen, kurz nach Tagesanbruch, auf dem Feuer Öl zum
Sieden. Dann sprach er zu seiner Mutter: »Ich habe hier ein Klistier gegen
deine Leibschmerzen, Mutter«, und er füllte ihren Leib mit dem siedenden Öl, so
dass sie starb. Den Leichnam aber warf er den Abhang hinunter.
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