„Eine
Schwiegermutter ist immer bitter, und sei sie aus Zucker.“ – und wieder in die
alte Kerbe gehauen. Die angeheirateten Eltern des jeweiligen Liebsten scheinen
wohl in aller Welt und zu aller Zeit als unerschöpfliches Ventil von
Frustration zu dienen. Besonders die Mutter des Ehepartners scheint dabei immer
ganz speziell zu sein. Schließlich heißt der Goldkugelkaktus im allgemeinen
Sprachgebrauch „Schwiegermuttersitz“ und der Klammerentferner aus dem Büro wird
schlicht „Schwiegermutter“ genannt. So scheint die Mehrheit der Bevölkerung die
Beziehung zur Mutter des Partners als stachelig und spitz, vielleicht sogar als
gefährlich zu empfinden – wenn man Stammtischwitzen, Kabarett und Fernsehen
Glauben schenkt.
Aber wie
begründet sich denn der Mythos der pauschalen Antipathie? Man kann ja
schließlich nicht alle Frauen unterschiedlichsten Charakters über einen Kamm
scheren und zu unfreundlichen Drachen en bloc degradieren. Vielmehr liegt die
mögliche Spannung zwischen Schwiegermutter und eingeheiratetem Familienmitglied
an der komplexen und durchaus auch komplizierten Familienstruktur, die durch
die Heirat neu entstanden ist. Nicht nur, dass der Generationenwechsel,
einschließlich der damit verbundenen Lebensstrukturen und Ansichten, überwunden
werden muss, auch gehört plötzlich jemand zum engsten Familienkreis, der vor
ein paar Monaten den anderen Beteiligten noch total fremd war. Durch den neuen
Partner wird jedem alten Familienmitglied eine neue Rolle zugewiesen: das Kind
wird zum Ehepartner, die Eltern zu Schwiegereltern und damit offiziell zu einem
höheren Semester.
Tatsache
oder Trugschluss?
Laut einer
Umfrage der GfK Marktforschung Nürnberg fühlen sich mehr als 80% der Befragten
von ihrer Schwiegermutter „sehr herzlich aufgenommen und akzeptiert“ und fast
genauso viele sind davon überzeugt, dass die Gruselgeschichten über
Schwiegermütter reine Märchen sind – schließlich könne man sich mit jedem
Menschen gleich schlecht verstehen, ungeachtet der familiären Beziehung.
Die
Integration in die angeheiratete Familie birgt aber trotzdem für alle
Beteiligten eine Menge Konfliktpotential: unterschiedliche Gepflogenheiten und
Traditionen werden hier nicht immer auf Akzeptanz oder gar Begeisterung
treffen. Das kann vor allem die Schwiegermutter aus der Bahn werfen, da sie als
Hausfrau, Ehegattin und eventuell auch Mutter nun in einen direkten Vergleich
mit einer jüngeren Geschlechtsgenossin tritt. Schwiegerväter haben meist nicht
so große Schwierigkeiten mit ihrer neuen Rolle, da sie selten der emotionale
Mittelpunkt der Familie sind und sich deshalb auch weniger umgewöhnen müssen.
Dass diese Veränderungen nicht in kühler Ablehnung oder gar Streitereien enden,
liegt natürlich dann an allen Beteiligten.
Alles eine
Frage des Blickwinkels
Scheinbar
macht es vor allem aber auch unser Sprachraum den Schwiegermüttern so schwer.
Blickt man zu unseren Nachbarländern, stellt man fast, dass die Niederländer
die Mutter des Partners „Schoonmoeder“, also „reine Mutter“ nennen. Die Franzosen
gehen mit „la belle-mère“ sogar noch weiter und verehren sie als schöne Mutter.
Spanier und Engländer halten sich aber auch eher auf Distanz, „madre política“
und „mother-in-law“ zeigen ganz deutlich, dass es sich bei dieser Beziehung
nicht um eine besonders enge handeln muss – aber natürlich gerne darf!
Letztendlich
sagen ja Witze und Anekdoten anderer nichts über den Charakter der eigenen
Schwiegermutter aus. Schließlich lässt sich eine Persönlichkeit nicht durch ein
einziges Verwandtschaftsverhältnis definieren. Und mit ein bisschen Mühe und
Aufmerksamkeit sollte ein friedvolles Miteinander doch in jeder Familie möglich
sein.
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