Zu dem
Artikel Wie man mit schwierigen Menschen umgeht
haben mich viele Nachfragen erreicht, wie man denn mit schwierigen Verwandten
umgehen soll – insbesondere anmaßenden (Schwieger-)Eltern. Der originale Artikel
wurde hinsichtlich der Handhabe von schwierigen Menschen, mit denen man eine
professionelle Beziehung hat, geschrieben – wie zum Beispiel deinem Chef oder
einem Mitarbeiter. Aber wenn die problematische Person ein Verwandter ist und
es somit eine persönliche statt einer professionellen Beziehung ist, dann sieht
die Sache schon ganz anders aus.
Definiere
und verkünde deine Grenzen
Du setzt die
Grenzen in deinen Beziehungen. Wenn diese Grenzen überschritten werden und die
andere Person Hinweise scheinbar nicht versteht,
dann musst du deine Position
durchsetzen um die Balance wieder herzustellen. Wenn du Verwandte hast, die
deine Grenzen nicht respektieren und sich benehmen, als wäre eure Beziehung
dazu da, damit du dich unterwirfst um all ihre Bedürfnisse zu befriedigen, dann
bist du da nicht der Erste.
Ich rede
hier von Grenzen, die für dich wirklich das absolute Minimum darstellen und
nicht überschritten werden dürfen – sonst würdest du dich missachtet fühlen.
Zum Beispiel, wenn du deine Privatsphäre schätzt und ein Verwandter besteht auf
regelmäßigen, unangekündigten Besuchen, dann mag das für dich eine harte Grenze
sein. Oder wenn deine Schwiegermutter dich ständig wie ihr Vieh vom Bauernhof
behandelt, dann ist es wohl an der Zeit dem einen Riegel vorzuschieben –
insbesondere wenn du dich auch sonst schon anfängst so zu fühlen, selbst wenn
sie nicht in der Nähe ist.
Als Erstes
musst du erkennen, dass es absolut okay ist, wenn du deine Bedürfnisse
befriedigst. Eine Beziehung, in der du dich missachtet fühlst, ist nicht
gesund.
Problematische
Beziehungen zu korrigieren, ist – von außen betrachtet – relativ einfach. Du
musst deine Grenzen, mit denen du bequem leben kannst, klar definieren, sie der
anderen Person mitteilen und diese dann einhalten. Viel mehr gibt es da nicht
zu tun. Wenn deine Grenzen vernünftig und nachvollziehbar sind und die andere
Person ist unwillig oder unfähig, sich an diese zu halten, dann ist es nicht
mehr dein Problem – in den meisten Situationen wäre es jetzt dumm, diese Beziehung
noch weiterzuführen. Sie würde nur nach und nach an deinem Selbstrespekt nagen.
Wenn du
schon seit Jahren deine Grenzen nicht mehr klar artikuliert und durchgesetzt
hast – so wie ein reifer Erwachsener das machen würde (vielleicht hast du zum
Beispiel zugelassen, dass die betreffende Person dich schon viel zu lange wie
ein Kind behandelt) – dann wird dich dein Gegenüber anfangs
höchstwahrscheinlich nicht wirklich ernst nehmen. Eventuell reagieren sie sogar
schon bei der geringsten Andeutung, dass du ihr Verhalten so nicht mehr
tolerierst, etwas geschockt (meist geheuchelt). Gesteh’ ihnen ihre Reaktion zu,
aber bleib standhaft.
Deine
Grenzen durchsetzen
Es gibt
viele Wege seine Grenzen durchzusetzen. Mit gefällt folgender Ansatz. Lass die
andere Person wissen, dass du in den nächsten 30 Tagen die Absicht hast, die
genannten Grenzen strikt durchzusetzen. Und wenn die betreffende Person diese
Grenzen in den nächsten 30 Tagen auch nur einmal verletzt, dann wirst du ab
diesem Zeitpunkt für 30 Tage nicht mit ihr kommunizieren. Du hast einfach für
die nächsten 30 Tage keinen Kontakt zu dieser Person. Keine spontanen Besuche,
keine Anrufe, keine E-Mails, nichts – es sei denn, es ist zwingend notwendig.
Nach dieser 30-tägigen Fastenperiode kannst du den ursprünglichen 30-Tage-Test bezüglich deiner Grenzen neu starten und
den Prozess wiederholen. Natürlich solltest du die andere Person wissen lassen,
was du da machst – sei da völlig transparent und direkt. Sag ihr auch, dass du
auf dieses Hilfsmittel zurückgreifst, weil man dir keine andere Wahl mehr
lässt.
Wenn die
betreffende Person versucht dich in diesen 30 Fastentagen zu kontaktieren, dann
beginnen die 30 Tage von vorn. Sollte das mehrmals passieren und du zu dem
Schluss kommst, dass die Person nicht im geringsten die Absicht hat, deine
Grenzen trotz all deiner Bemühungen zu respektieren, dann seid ihr fertig
miteinander. Die Beziehung ist tot – zumindest in ihrer jetztigen Form. Wenn
die andere Person deine Grenzen nicht einmal für 30 Tage respektieren kann –
was für eine Zukunft sollt ihr dann noch zusammen haben? Das bedeutet doch,
dass deine Grenzen immer wieder übertrampelt werden, solange du noch zulässt, dass
diese Beziehung in ihrer jetztigen Form weiter besteht.
Das mag
jetzt etwas hart klingen, aber denk daran, dass du vor diesem Schritt deine
Vorstellungen der anderen Person klar kommuniziert und dennoch keinen Respekt
bekommen hast. Du bist es dir selbst schuldig, jetzt einen Schritt
zurückzugehen und zu darüber nachzudenken, ob du diese Beziehung überhaupt noch
weiterführen willst. Der 30-tägige kommunikative Blackout ist eine Zeit für
euch beide, in der ihr mit etwas Abstand über diese Beziehung nachdenken könnt.
Es unterbricht auch massiv euer Muster und lässt die andere Person mit
Sicherheit wissen, dass sie eine absolute Grenze überschritten haben und das es
nun genug ist.
Wie man ihre
Lieblingswaffe Schuld entschärft
Wenn die
andere Person Schuldgefühle als Waffe einsetzen will um dich zu manipulieren
(was extrem häufig vorkommt), dann lässt sich das leicht abwehren. Wann immer
du bemerkst, dass diese Person einen solchen Versuch startet, dann bring das
Thema gleich für beide ins Bewusstsein und frage sie:
“Du
versuchst doch nicht mir Schuldgefühle einzureden, oder?”
Wahrscheinlich
wird sie es abstreiten, aber bald wird ein neuer Versuch kommen. Unterbrich
dieses Muster immer wieder, indem du die andere Person auf ihre
emotional-manipulativen Taktiken ansprichst. Stell einfach immer wieder Fragen
wie:
“Warum
hältst du es für notwendig mich mit Schuldgefühlen manipulieren zu wollen?”
oder
“Du scheinst
dich wirklich zu ärgern, wenn du es für nötig hältst, mir Schuldgefühle
einreden zu wollen? Können wir das nicht auf eine erwachsenere Art und Weise
klären?”
Du brauchst
die andere Person damit nicht übermäßig nerven, aber schieb diesen
Manipulationsversuchen ein für alle mal einen Riegel vor. Wenn du dich
weigerst, dich in diesen Zustand der Schuld versetzen zu lassen, dann wirst du
auch mehr Empathie verspüren, wenn dir bewusst wird, dass diese Versuche
wahrscheinlich ein Zeichen dafür sind, dass der andere sich machtlos fühlt. Und
wenn du dieses Gefühl der Machtlosigkeit auflösen kannst, dann ist das eine
Chance, diese Beziehung doch zum besseren zu wenden.
Wer setzt
die Grenzen durch?
Wenn zum
Beispiel der problematische Verwandte ein Schwager ist (oder das Äquivalent
davon, wenn du nicht verheirat bist), dann muss die Person, die am engsten mit
ihm verwandt ist, die Grenzen durchsetzen – in diesem Fall also deine bessere
Hälfte. Das ist besonders in einer Ehe wichtig. Deine Frau und du müssen sich
gegenseitig allen anderen Verwandten vorziehen. Wenn jemand aus der
Verwandtschaft deiner Frau deine Grenzen verletzt, dann muss sie denjenigen
darauf ansprechen und auf die Einhaltung achten.
Probleme
dieser Natur sind insbesondere in Beziehungen zwischen jungen Menschen zwischen
20 und 30, weil sich oft in einer Übergangsphase befinden, wo sich
herauskristallisiert, wer zur alles zur eigenen Familie gehört. Wenn du zum
Bespiel mit jemanden zusammenlebst, dann wird sich diese Bindung verstärken,
obwohl du weiterhin bei dem Wort “Familie” an die denkst, in die du
hineingeboren wurdest. Aber wenn du verheiratet bist und Kinder hast, dann
wirst du wahrscheinlich bei deiner Familie zuerst an deinen Lebenspartner und
deine Kinder denken. Insofern bedeutet die Zeit zwischen 20 und 30 für viele
Menschen eine Phase der verändernden Identitäten. Eine Zeit wenn die Probleme
mit anderen Verwandten zunehmen können, weil sie deiner romantischen Beziehung
in die Quere kommen und dein Partner dich darauf aufmerksam machen wird.
Es kommt
nicht selten vor, dass man mit jemanden zusammenlebt, eine enge romantische
Beziehung aufbaut und dabei nach und nach feststellt, dass der andere immernoch
mit seiner “Mami” (oder ähnlich) verheiratet ist. Wenn das hier beschriebene
Muster auftritt und du keine Handhabe hast, bei dem Verwandten deines Partners
deine Grenzen durchzusetzen und dein Partner eine Konfrontation zu scheuen
scheint, dann musst du diese Grenzen bei deinem Partner einfordern indem du
ihn/sie direkt für das Verhalten seines/r Verwandten verantwortlich machst. Das
hat auch den Vorteil, dass dein Partner gezwungen ist erwachsen zu werden (auch
wenn sie sich dabei gern mit Händen und Füßen wehren) und zu lernen, dass deine
Bedürfnisse vor deinen von “Mami” kommen müssen. Manche Menschen brauchen
einfach nur mal einen ordentlichen Arschtritt um endlich erwachsen zu werden –
insbesondere in ihren 20ern. Langfristig gesehen wird dein Partner sicherlich
über das (wieder-)gefundene Rückgrat dankbar sein.
Wenn
alles nichts bringt – lauf!
Wenn obige
Lösung scheitert, dann zieh einfach in eine andere Stadt. Manche Menschen
schwören, dass das ihre Ehen gerettet hat. ;)
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