Ganz locker
bleiben und durchatmen: Die Feiertage sind vorbei, der Alltag kehrt ein, die
Verwandtschaft zieht wieder ab, bis zum nächsten Fest. Die meisten
Familien-Dramen ereignen sich angeblich ja an Feiertagen. Die stillen Dramen
allerdings, die sich zwischen Schwiegermutter und Schwiegertochter abspielen,
erstrecken sich oft über Jahre und bleiben im Verborgenen. Lieblingsthemen sind
Kindererziehung, Ernährung und Lebensstil. Also klassische Frauenthemen – immer
noch. Und deshalb spielt sich die Spannung vor allem zwischen den Frauen der
beiden Generationen ab, nicht zwischen Schwiegermutter und Schwiegersohn. Dazu
kommt eine „natürliche“ Rivalität zwischen Frauen. Vieles wird auf beiden
Seiten hinuntergeschluckt und vieles schadet der Partnerschaft zwischen Mann
und Frau. Dabei sollte man doch denken, die heutigen Schwiegertöchter sind
selbstbewusste Frauen und ihre Schwiegermütter emanzipierte Frauen, die die
Gleichberechtigung und Vorzüge einer modernen Partnerschaft genießen. Ist das
so?
Wo liegen
die Probleme?
Die
Buch-Autorin Ruth Gall hat aus den Fällen der Schwiegerkinder, die sich bei ihr
gemeldet hatten, eine Rangliste der Spannungen erstellt. Dies sind die
hauptsächlichen Dauer-Konflikt-Herde.
Problem
|
in Prozent
|
Überwachung,
Bevormundung
|
95
|
Persönliche
Ablehnung
|
80
|
Üble
Nachrede, Verleumdung
|
79
|
Einmischung
in Kindererziehung
|
78
|
Eifersucht
der Schwiegermutter
|
57
|
Einmischen
in Haushaltsführung
|
56
|
Besserwissen,
was der Sohn braucht
|
48
|
Großeltern
als Ferien-Highlight
Wohnen die
Eltern weiter entfernt und sind Besuche nur selten, dann wird das Treffen oft
zu einem seltenen Highlight, fast wie ein Urlaub. Größere Kinde verbringen auch
mal Kurzurlaube mit den Großeltern. Dann gelten andere Regeln, die der
Großeltern, denn die junge Familie ist zu Gast oder umgekehrt. Dann dürfen
Kinder auch mal mehr naschen oder länger aufbleiben, mehr Fernsehen oder mal
„Kram“ kaufen. Auch hier gilt: Es muss klar sein, wer die regeln bestimmt und
wo sie gelten. Manche unternehmen gemeinsame Urlaubsreisen mit der
Großfamilie. Schwiegermutter und Schwiegertochter kommen sich nicht in
die Quere. Spannungen treten kaum auf. Über die Häufigkeit und Länge des
Zusammenseins kann man selbst bestimmen.
Einmischen in
Erziehung
„Wie lässt
Du denn Deine Kinder herumlaufen?“ – für Omas, selbst für moderne ist ein Riss
in der Jeans oder ein Fleck auf dem T-Shirt meist untragbar, für heutige
Eltern, mag das schon mal – vorübergehend – in Ordnung gehen. Doch was tun,
wenn Oma dauernd nörgelt, ohne zu fragen die Jeans näht, dem Kind das Hemd in
die Hose steckt und das T-Shirt bügelt? Das ganze vielleicht noch mit einem
vorwurfsvollen Blick garniert und auf Dankbarkeit wartend? Nicht selten
kritisieren Omas die Ernährung der Kinder. Bei ihnen muss der Teller leer
gegessen werden und mit dem Essen wird nicht gespielt. Rein vegetarisch kann
nicht ausreichen und weil ein bisschen Speck auf den Rippen nicht schadet, gibt
es auch immer noch üppig Süßes und Nachschlag. Das mag ab und zu in Ordnung
sein, aber nicht selten prallen hier Erziehungswelten und Ideologien
aufeinander. Nicht immer ist die Kritik versteckt. Kommentare wie: „Du musst
Deinem Kind bessere Manieren beibringen.“ Oder: „Das hätte ich Deinem Papa aber
nicht durchgehen lassen“ verletzen genauso wie „wenn seine Noten nicht besser
werden, dann wird aus dem Kind nichts“. Ein großer Teil nerviger Sprüche stammt
aus diesem Bereich: „Das Kind isst nicht genug, das Kind ist zu dick / zu dünn,
man spielt nicht mit dem Essen, du musst auch Vitamine essen ...“ Essen,
Bewegung, Lernen, gutes Benehmen – darüber gehen die Vorstellungen oft weit
auseinander. Manches Weihnachtsgeschenk von den Schwiegereltern würden
Schwiegertöchter am liebsten auf den Müll werfen. Und natürlich meinen es alle
gut.
Dankbarkeit
oder Selbstverständlichkeit?
Muss man
dankbar sein für eine Hilfe, um die man nicht gebeten hat? „Wie eine
Dienstbotin stehe ich mit dem Korb voller gebügelter Wäsche an der Türe, muss
klingeln und werde nicht einmal hereingebeten“, empört sich eine Mutter, deren
berufstätige Schwiegertochter mit Familie nur ein Haus weiter wohnt. „Ich mache
es ja gerne, aber sie könnte schon ein bisschen mehr zeigen, dass sie dafür
dankbar ist.“ Nur selten wird offen ausgesprochen, was die Frauen von einander
erwarten. "ich meine es doch nur gut", entschuldigt nicht jede
Grenzüberschreitung.
Druck und
Abhängigkeiten
Nicht immer
können sich die jungen Familien dem Erwartungsdruck entziehen. Oft übernimmt
die „Oma“ die Kinderbetreuung, wenn beide Eltern berufstätig sind. Anders als
bei einer externen Betreuungsperson kann man keine Bedingungen in einem Vertrag
festhalten. Oft wohnen mehrere Generationen unter einem Dach oder die junge
Familie baut auf das Nachbargrundstück, das schafft räumliche und finanzielle
Abhängigkeiten.
Die
Schwiegermutter und die Partnerschaft
Für fast
jede dritte verheiratete Frau steht fest, die Beziehung zu ihrem Mann leidet
unter dem Verhältnis zur Schwiegermutter, das ergab eine Umfrage der
Zeitschrift „freundin“, 16 Prozent der Frauen finden, dass sich die Mutter des
Mannes zu sehr einmischt und jede vierte Frau glaubt, die Schwiegermutter hätte
sich für ihren Sohn eine andere Frau vorgestellt.
Auch für
Kinder ein Problem
Kinder haben
für solche Spannungen sehr sensible Antennen. Sie können es nur schwer
einordnen, wenn Mama zur einen Oma herzlich ist, zur anderen aber distanziert,
selbst wenn sie sich mit Kommentaren zurückhält. Eine schlimme Situation
entsteht dann, wenn eine Seite versucht, Kinder als kleine Spione einzusetzen
und aushorcht. Kinder sehen sich außerdem als Teil von beiden
Familien-Vorfahren. Schließlich wird ihnen oft genug gesagt, dass sie die Nase
vom Opa, das Grübchen von der Oma, die Augen von der anderen Oma …. haben. Wenn
also die Mama einen Teil dieser Familie nicht mag, dann fragen sich die Kinder
unterbewusst: „Mag die Mama diesen Teil an mir auch nicht?“
Selbsthilfe
in der Schwiegermutter-Falle
Wer über den
„Schwiegerdrachen“ lachen kann oder noch besser gar keinen Grund zur Sorge hat,
der kann sich glücklich schätzen. Viele Frauen werden krank durch zu starke
Einmischung und Überwachung. Ruth Gall hat das Buch „Wege aus der
Schwiegermutter-Falle“ geschrieben, sie betreut auch die
„Selbsthilfe-Initiative für Schwiegertöchter“, www.ruth-gall.de/selbsthilfe.htm.
Immer wieder tauchen dort folgende Probleme auf: Überwachung und Bevormundung,
üble Nachrede, Einmischung und Besserwisserei, vor allem was Haushalt, Kinder
und das Wohl des Mannes angeht. Ruth Gall hat das Thema aus der Tabu-Zone
geholt, ohne die Schwiegermütter zu dämonisieren oder die Schwiegertöchter in
die Opferrolle zu drängen. Und sie hat eine enorme Resonanz erhalten, 90.000
Menschen hat sie beraten, es scheint also ein Thema zu sein.
Kontrollzwang
und Besserwisserei
Es fallen
Sätze wie „ich meine es doch nur gut“ oder „ich mache das ja immer so“ und „bei
mir kriegt mein Sohn immer ein gutes warmes Essen / frische Wäsche / gebügelte
Hemden ...“. Manches kann man „übersehen“ oder "überhören", vor allem
dann, wenn eine räumliche Distanz besteht. Doch wenn die Generationen sogar
unter einem Dach leben, wird die Spannung oft unerträglich, man kann die
Kommentare nicht mehr ignorieren. Ruth Gall kennt extreme Fälle, bei
denen Blumen vergiftet, Wäsche zerrissen wurde, Schränke durchwühlt,
Kontoauszüge und Briefe kontrolliert wurden und Mütter zu Unzeiten ohne
Klingeln oder Klopfen in der Wohnung, sogar im Schlafzimmer erscheinen und
ständig informiert sein wollen, was die Schwiegertochter macht. Außerdem wird
herumgetratscht, was die Frau angeblich alles falsch macht.
Lösung der
Spannungen
Ruth Gall
löst den „Mutter-Mythos“ auf. Man muss seine Schwiegermutter nicht lieben. Es
ist eine fremde Frau, die einer anderen Generation angehört. Oft fehlen einfach
auch die Anknüpfungspunkte, auf beiden Seiten. Nur selten sind die Beziehungen
so extrem, wie die geschilderten, aber selten ist es „Liebe auf den ersten
Blick“. Außerdem föllt die Heirat des Sohnes für Mütter meist in eine
schwierige Phase. Sie selbst kommen in die Wechseljahre. Werden Enkelkinder
geboren, stellen Frauen oft fest, was sie selbst gerne in der Erziehung ihrer
eigenen Kinder anders gemacht hätten, wollen vielleicht ein Defizit damit
ausgleichen, dass sie sich kümmern, bis hin zum Einmischen.
Das sind die
"Schwieger-Drachen"
Wohl
gemerkt, die meisten Schwieger-Beziehungen verlaufen harmonisch, außerdem gibt
es ja auch noch den Schwiegervater und den Partner, die Probleme abfedern. Aber
Ruth Gall kennt auch die Extrem-Fälle, die wirklichen Schwieger-Drachen:
- Mütter, die ihren Sohn als Mann-Ersatz sehen
- Mütter, die krankhaft eifersüchtig sind
- Mütter, die die Schwiegertochter als Konkurrenz sehen, gegen die der Sohn verteidigt werden muss
- Mütter, die ihr Kind als Besitz sehen, über den sie bestimmen wollen
- Mütter, die von ihren Kindern verlangen, dass sie ihre egoistischen Bedrüfnisse befriedigen müssen
- Mütter, die ihre Kinder zweiwertig aufziehen, eines zum Schmusen und lieb haben, das nie etwas richtig macht, eines zum Herumkommandieren, das nie etwas richtig macht
- Mütter, die auch Enkelkinder in ihre Machenschaften miteinbeziehen und ihnen dadurch seelische Schäden zufügen
Grenzen
ziehen
Wichtig ist
es, Grenzen zu ziehen. Wer sich oft sieht und nahe wohnt, hat hier sicherlich
stärkeren Abgrenzungs-Bedarf. Das erste sollte eine räumliche Trennung sein,
das Respektieren der Privatsphäre. Beide Seiten müssen sich respektieren, aber
auch sich klar machen, dass man unterschiedliche Vorstellungen hat. Suchen Sie
das Positive. Vielleicht backt die Schwiegermutter den besten Apfelkuchen der
Welt oder macht den besten Braten, genießen sie das, bitten Sie Sie bei
Familientreffen genau darum, zeigen Sie den Kindern das und hüten Sie sich
davor, in diese Domäne einzudringen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen